Elite
Wir halten einige wenige Reiche und Mächtige für die Auserlesenen, die Wichtigen, die Elite. Im Umkehrschluss heißt das: Die Masse hält sich für wertlos. Und das ist auch die Antwort auf die Frage, warum die vielen Menschen sich ihrer Macht gar nicht bewusst sind.
Für alle, die gern lesen hier die Textversion des Videos.
Heut geht’s um ein Wort, das wir alle falsch benutzen. Wenn wir von ‚Eliten‘ sprechen, dann meinen wir in den meisten Fällen reiche & mächtige Menschen. Wir meinen also Macht-Eliten & Geld-Eliten. Und das ist schön doof.
Statt das Wort an die Kategorien Besitz & Macht zu koppeln, machen wir mal was total Verrücktes: Wir stellen uns vor, der Begriff ‚Elite‘ wäre an die Kategorie der Moral gekoppelt. Dann müssten wir Menschen als Elite wahrnehmen, die sich um das Gemeinwohl, das friedliche Zusammenleben einer Gemeinschaft bemühen, die sich um unsere Kinder kümmern, die sich um uns kümmern, wenn wir krank sind. Lehrende, Kita-Personal, Krankenschwestern, (Ärzte werden ja bereits als Eliten wahrgenommen, was wieder die Sache mit dem Geld bestätigt), Sozialpädagoginnen, Gefängniswärter und und und.
„Halt!“, werden Skeptiker rufen, „Lieber ꙭWortgucker, 'Elite' kommt von ‚Auslese‘ und meint herrschende bzw. einflussreiche Kreise einer Gesellschaft also überdurchschnittlich qualifizierte Personen“.
Ok, werd ich sagen, ist ja schön, dass der Krankenhauschef die Arbeitsverträge unterschreibt. ABER mir persönlich geht es schlechter, wenn die Krankenschwester fehlt, die mir die die Krebsmedikamente gibt und mir dann auch noch die Hand und die Kotzschale reicht, wenn mir die Chemo auf den Magen schlägt. Ich finde die ist gut ausgebildet & und ziemlich einflussreich ist sie auch, denn sie hat ja mein Leben mit in der Hand.
Stellt Euch mal vor, alle Krankenschwestern kämen morgen nicht zur Arbeit. Dann sähe es ziemlich düster aus.
Ist das nicht wahre Macht?
Was passiert eigentlich, wenn der Chef vom Krankenhaus nicht zur Arbeit kommt? Oder wenn Angela Merkel nicht in Kanzleramt kommt. Oder ganz verrückt: Stellt Euch mal vor wir hätten aktuell keine Bundesregierung. Ich sag Euch was dann passiert: Nix. Dann gehen die Kinder weiterhin in den Kindergarten. Verbrecher werden weiterhin von der Polizei gejagt. Die Feuerwehr löscht weiterhin Brände. Und die Reinigungskräfte wischen weiterhin das Blut aus den Operationssälen und den Staub von den Gummibäumen der Einwohnermeldeämter.
Das hat ja nix mit Macht zu tun, das liegt nur daran, dass es so viele sind, wird der rastlose Skeptiker rufen.
Naja, werd ich sagen, auch Masse hat was mit Macht zu tun. Die Macht der Vielen.
Aber selbst alle diese Menschen als Einzelne haben bereits eine Riesenmacht. Stellt Euch mal vor ein paar Erzieherinnen in der Kita fangen morgen an, unseren Kindern schlimme Schimpfwörter beizubringen. Oder wenn LehrerInnen unseren Kindern beibringen würden, dass Ihre Eltern nur ferngesteuerte Konsummaschinen sind … Zum Glück machen die das ja nicht. Das ist wahre Macht. (Aber das wissen diese Leute glücklicherweise nicht. 😜)
NEIIIIN, wird der Skeptiker schimpfen, dass Eigentum Macht verleiht, war schon immer so. Jemand muss die Verantwortung tragen, denn erst Eigentum verpflichtet und schafft Werte, die am Ende wieder allen zugute kommen. Auch der Krankenschwester, die einen Job in einem Krankenhaus erhält.“
Fein, werd ich sagen dann sollten wir doch gucken, dass alle mehr besitzen!
Aber leider hat der Skeptiker recht. Wir alle akzeptieren seine Sichtweise. Geld verleiht Macht und umgekehrt. Und Moral verleiht nichts. Moral ist keine harte Währung.
Und das ist schade und hat Riesenauswirkungen auf alles, was wir machen.[1]
Selbst gestandene und kritische Soziologen wie Michael Hartmann („Eliten haben Vorbildfunktion“) bezeichnen jene als Eliten, die ihre Steuergelder außer Landes schaffen und Millionen und Milliarden am Sozialsystem vorbei verdienen.[2]
Ich frag Euch: Wer sind eigentlich die wahren Eliten in unserem Land und warum zum Teufel nennen wir die dann nicht so?
Die Sprache verklärt unseren Blick. Wir halten einige wenige Reiche und Mächtige für die Auserlesenen, die Wichtigen, die Elite. Im Umkehrschluss heißt das: Die Masse hält sich für wertlos. Und das ist auch die Antwort auf die Frage, warum die vielen Menschen sich ihrer Macht gar nicht bewusst sind.
Euer ꙭwortgucker
PS
Smart-Fakt: Michael Hartmanns Satz „Eliten haben Vorbildfunktion“ bleibt auch wahr, wenn wir es so machen wie ich sage. Unsere Vorbilder sind dann jedoch Krankenschwestern, Polizeibeamte, Reinigungskräfte, Lehrende, Kita-Personal und all die anderen, die sich um die sozialen Belange unseres Miteinanders kümmern. Dat wär doch mal wat.
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Bist Du auch Elite?Bist du #Elite? Wer gehört dazu & WER eigentlich NICHT? Und warum könnte das alles auch ganz anders sein? 🤔 Heut nehmen wir mal das Wort ELITE auseinander. Euer 👀wortgucker
Posted by Wortgucker on Dienstag, 12. Dezember 2017
Wie soll man bitte von AfD-Wählern erwarten dürfen, dass diese sich für die moralisch bessere Sache überzeugen lassen, wenn klar ist, dass die entscheidenden Eliten jene sind, die am meisten haben. ↩︎
http://www.deutschlandfunkkultur.de/die-raffgier-der-reichen-wie-egoismus-die-solidaritaet.1008.de.html?dram:article_id=400427 ↩︎