Sich selbst verstärkende Kriegsmetaphorik

Sich selbst verstärkende Kriegsmetaphorik

Kriegsmetaphern sind in unserer Sprache recht verbreitet. Sie sind letztlich Ausdruck menschlicher Geschichte, in der das sogenannte “Kriegshandwerk” ja durchaus viel Raum einnahm. Der Geschichtsunterricht ist auch heute vielfach noch eine schier endlose Liste der Kriege und Eroberungen.

Keine Frage, Kriegsmetaphern machen die Sprache lebhafter. Aber sie bringen auch ihren ganz eigenen Rucksack mit sich. Sprache ist pure Orientierung. Das heißt nicht, dass Kriegsmetaphern gleich zu Kriegen führen. Es heißt nur, dass die Gedanken einen kleinen Stubs erhalten, in eine bestimmte Richtung. Medien haben die Macht, die Gedanken sehr vieler Menschen gleichzeitig in eine bestimmte Richtung zu stupsen.

Wer in die Sprachgeschichte schaut, sieht, dass “Front” ein Lehnwort aus dem Französischen ist, das dort so viel wie ‘Vorderseite’, ‘Seite’ bedeutet. Im Deutschen jedoch ist “Front” weitgehend festgelegt als die “vorderste Kriegslinie”. (1) oder “militärisches Kampfgebiet” (2). Die Metapher hat sich natürlich abgeschliffen in den Jahren des Friedens. Denn sie wird heute für ganz unterschiedliche Zusammenhänge (2) - man möchte sagen inflationär - gebraucht.

Sie wird oft bereits gebraucht, wenn “verschiedene Dinge lautstark aufeinandertreffen”. Das legen zumindest Wörter nahe, wie “Wetterfront”, “Bildungsfront”, “Medienfront” und “Verkaufsfront” u.v.a. So lassen sich Zusammenhänge - auch in Medienüberschriften - treffend polarisieren.
Womit wir bei dem heutigen Beispiel angelangt sind.

Auch hier wird das Wörtchen “Front” seinen Rucksack einfach nicht los. Es stupst unsere Gedanken. “Verhärtete Fronten”, “Stellungskrieg”, “Schützengräben”.
Das Wort “polar-isiert”. Und jetzt die Frage: Sollte jemand, der über die “Polarisierung der Gesellschaft” schreibt, unterschiedliche “gesellschaftliche Standpunkte” als “verhärtete Fronten” bezeichnen?

1: Kluge, Etymologisches Wörterbuch.
2: Duden


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Kriegsmetaphern sind in unserer Sprache recht verbreitet. Sie sind letztlich Ausdruck menschlicher Geschichte, in der...

Gepostet von Wortgucker am Freitag, 5. Februar 2021