Wording & Framing bei der Abschaffung von Arbeitsplätzen

Werden Arbeitsplätze abgeschafft, sind Euphemismen & verhüllende Frames nicht weit. Obwohl es um Existenzen geht, mangelt es den meisten dieser Wordings am Lebendigen.

Wording & Framing bei der Abschaffung von Arbeitsplätzen

Meine Leserin Andrea Kracht[1] schrieb mir:
Heute wieder ein 'schönes' Beispiel auf einer Betriebsversammlung aufgegriffen: Personalabbau: Abrieb beim Umbauprozess.

Die Gründe für das Abschaffen von Arbeitsplätzen sind vielfältig. Andreas Beispiel zeigt: Noch vielfältiger ist jedoch die Anzahl der Euphemismen & Wordings bei diesem Thema. Komisch. 🤔 Obwohl es um Existenzen geht, scheint ein Großteil der Bezeichnungen alles Lebendige zu tilgen.
Zum Einsatz kommen vor allem Mechanik-Metaphern, wie in diesem Fall das Wort Abrieb. Doch damit nicht genug. Andreas Beispiel ist sogar doppelt mechanisch mit dem Wort Umbau-Prozess. Auch ein 'Umbau' ist eine technisch-mechanische Tätigkeit. Und das gleiche gilt für viele andere Wordings bei diesem Thema, wie personelle Umstrukturierung & selbst Personal-Abbau.

Warum das so ist?

Dazu ein Beispiel, das wir alle kennen: "Sorry, ich würd Ihnen ja gerne helfen, aber das System kann das nicht." Das nennt sich Verantwortungsdiffusion. Ist das System verantwortlich, so sind es nicht die Menschen. In der Regel akzeptieren wir diese Antwort und hören auf zu rumzunerven. Was wir nicht wissen: Bei dieser Antwort handelt es sich um eine der wirksamsten Manipulationen unserer Zeit. Wie genau diese funktioniert & was man dagegen tun kann, dazu mehr in meinem nächsten Buch.

Deutlich ist jedoch: Diese Verantwortungsdiffusion ist ebenso am Werke, wenn man stinknormale Kündigungen mit mechanisch-technischen Metaphern ausstattet. Die verdeckte Botschaft: Niemand ist verantwortlich, niemand kann belangt werden. Niemand, der andere Lösungen finden könnte. Lediglich ein prozesshafter, struktureller Umbau, Abbau, Abrieb, also ein ‚Verschleiß durch Reibung mechanischer Teile’.

Konsequent eingesetzt wird aus den Metaphern ein mächtiger Frame: Das Wort 'Abrieb', macht die gekündigten Menschen zu Metallspänen & Schleifstaub im Getriebe der Firma. ⚙️
Die betroffenen Menschen werden nicht nur als passive Partikel & damit als unbedeutend geframed, sondern ebenso als unvermeidbar. Sozusagen als Kollateralschaden, denn kein Uhrwerk ohne Reibung.

Gucken wir auf das Gesamtbild: Für diese Personal-Abschaffungen gibt es keinen Veranwortlichen und die Gekündigten sind unbedeutend & unvermeidbar. In diesem Getriebe kämpfen am Ende alle darum, nicht abgeschliffen zu werden, denn – wir alle wissen - nur die schwachen Stellen sind vom Abrieb betroffen.

But, don`t forget: Frames sind nur dann wirksam, wenn wir sie akzeptieren.

PS
Mögliche Alternativen: Abschaffung, Streichung, Reduzierung, Kürzung von Personal bzw. Arbeitsplätzen oder eben Kündigung.

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🏆 Der Wettbewerb um das beste Wording, damit man nicht #Obergrenze sagen muss, erreicht einen weiteren kreativen Höhepunkt. Seit sich heute @CDU & @CSU trafen, heisst es #atmender_Deckel. 😨 Weitere Vorschläge?

Posted by Eric Wallis on Montag, 30. Oktober 2017

PS
Hammer-Wording gibt es beim 👀wortgucker.
Folgt 👇 ihm & guckt, wie die Sprache uns steuert.
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  1. Vielen Dank Andrea! 😀 Habt Ihr ebenfalls solche Beobachtungen auf Lager & wollt mehr darüber wissen. Immer her damit zu Eurem 👀wortgucker. ↩︎